Anbauleitfaden für den Linsenanbau in Brandenburg

Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf das gesammelte Wissen und die Erkenntnisse des 1. Anbaujahrs (2023) sowie die Erfahrungen des im Projekt engagierten Anbauberaters

Allgemeines
Die Linse ist für die Brandenburger Klima- und Bodenverhältnisse gerade unter den Bedingungen des Klimawandels sehr gut geeignet. Linsen sind sehr genügsam, kommen mit mageren Bodenverhältnissen gut zurecht und können daher auf nährstoffarmen, flachgründigen, sonst wenig lukrativen Standorten angebaut werden, weshalb sie unter anderem auch auf Grenzertragsstandorten Berücksichtigung finden. Außerdem sind sie trockenresistent, was gerade für Brandenburg ein entscheidendes Kriterium im Sinne der Klimaanpassung ist. Linsen sollten gemeinsam mit einer Stützfrucht angebaut werden, da die zarten und sensiblen Pflanzen andernfalls bei Starkregen oder Unwettern nach unten gedrückt werden können und erhebliche Ertrags- bis Totalausfälle daraus entstehen können. Durch den Mischkulturanbau (Linse mit Stützfrucht) trägt die Linse zur biologischen Vielfalt und der Fruchtartendiversifizierung bei.

Linse in der Fruchtfolge und Anbaupausen
Die Linse hat wegen ihrer bescheidenen Anforderungen keine speziellen Vorfruchtansprüche, jedoch ist ein vorheriger Zwischenfruchtanbau (z. B. Senf mit Sommerklee) wünschenswert, sodass der Boden über den Winter bedeckt ist.
Aufgrund der Stickstofffixierung und der daraus resultierenden N-Anreicherung im Boden steht die Linse in der Regel am Ende der Fruchtfolge. Durch diese überaus wertvolle Eigenschaft hat die Linse eine sehr positive Vorfruchtwirkung, sodass nach ihr meist eine Winterkultur (z. B. Winterweizen oder Wintergerste) steht.
Von großer Bedeutung ist die Einhaltung der Anbaupause von mindestens fünf Jahren. Darüber hinaus ist darauf zu achten, dass mindestens drei Jahre eine Anbaupause nach einer anderen Leguminose (z. B. Luzerne) in der Fruchtfolge eingehalten wird.

Saatbettbereitung
Empfohlen wird der Einsatz des Pflugs, um möglichen Bodenverdichtungen entgegenzutreten und eine gute Durchlüftung des Bodens zu erzielen. Außerdem soll der Beikrautdruck bereits durch das Pflügen reduziert werden. Ein feinkrümeliges Saatbett vor der Aussaat ist anzustreben, weshalb der Einsatz eines Packers mit Nachläufer sinnvoll sein kann. Dies ist insbesondere bei etwas schwereren Böden zu berücksichtigen. Insofern die vorherige Zwischenfrucht sehr hoch und/oder buschig ist, kann der Einsatz einer Scheibenegge oder eines Grubbers vor dem Pflügen hilfreich sein.

Saatgut und Aussaat
Als Saatgut kann entweder Speiseware oder der eigene Nachbau verwendet werden. Der Nachbau ist gebührenfrei, da die Linse nicht in der Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH (STV) gelistet ist.
Für die Aussaat sollte der Boden gut abgetrocknet und durchlüftet sein, denn Linsen vertragen keine Bodenverdichtungen und Staunässe. Die Aussaat erfolgt in der Regel zwischen Ende März und Ende April. Bei optimalen Bedingungen ist eine frühe Aussaat zu bevorzugen. Generell sollten ähnliche Bedingungen wie vor der Sommergetreideaussaat vorhanden sein, dabei ist die Linse mit der Sommergerste gleichzusetzen.

Aussaatstärke der Linsen: 60 – 80 kg/ha, empfohlen werden 65 kg/ha
Ablagetiefe der Linsen: 3 – 4 cm (für schwache Standorte, z. B. Brandenburg, auf Standorten mit einer besseren Wasserverfügbarkeit, z. B. auf der Schwäbischen Alb, werden auch 2 cm Ablagetiefe praktiziert)

Die Linsen können mir der normalen Drilltechnik ausgesät werden. Der empfohlene Reihenabstand beträgt dabei 12,5 cm oder 17,5 cm. Sie können entweder als Gemisch mit beispielsweise Leindotter als Stützfrucht in einem Arbeitsgang gesät werden. In dem Fall ist darauf zu achten, dass die Kulturfrüchte vorab gleichmäßig gemischt werden. Dafür kann beispielsweise ein Betonmischer verwendet werden. Eine Mischung per Hand führt meist zu einem ungleichmäßigen Ergebnis, was sich auf dem Feld widerspiegelt, und ist daher nicht zu empfehlen.

Alternativ können Linse und Stützfrucht separat voneinander ausgesät werden. Dabei wird mit der Drillmaschine als erstes die Linse in 3 – 4 cm Bodentiefe und anschließend der Leindotter flach abgelegt. Alternativ kann der Leindotter mit einem Streuer für Feinsämereien mit dem Blindstriegeln (aufgesetzter Streuer auf dem Striegel) ausgestreut und eigearbeitet werden.

Aussaatstärke des Leindotters: 2 – 5 kg/ha (bei konventionellen Betrieben kann die Aussaatstärke aufgrund der besseren Nährstoffversorgung im unteren Bereich gewählt werden, jeder Betrieb sollte auf seinem Standort die Aussaatstärke individuell erproben und bestimmen)
Ablagetiefe des Leindotters: 1 – 2 cm

Stützfruchtwahl
Um die Standfestigkeit und somit auch das Ernten der Linsenpflanzen zu verbessern, erfolgt der Anbau i. d. R. mit einer Stützfrucht – entweder mit einem Getreidepartner (Sommerhafer oder -gerste) oder Leindotter. Bei der Auswahl des Gemengepartners sind der Erntezeitpunkt der gewählten Sorten sowie die Möglichkeiten zur Reinigung und Trennung des Gemenges nach der Ernte unbedingt zu beachten.
Die Wahl der Stützfrucht kann außerdem davon abhängen, welchen Nutzen diese haben soll. Soll die Stützfrucht der Fütterung von Nutztieren dienen, eignen sich zumindest anbautechnisch Hafer und Gerste, wobei diese (vor allem Hafer) die Reinigung deutlich erschweren, was die Erfahrungen gezeigt haben. Der Hafer stellt sich beispielsweise beim Reinigungsprozess nach oben auf, nimmt dadurch den Durchmesser der Linsen an und lässt sich daher äußerst schwierig und nur durch mehrere Reinigungsdurchgänge von den Linsen trennen.
Die besten Erfahrungen wurden dahingegen mit Leindotter als Stützfrucht gemacht. Durch seine stecknadelartige Größe lässt sich dieser wunderbar herausreinigen und von den Linsen trennen. Der Leindotter kann entweder zu Leinöl verpresst werden oder seine Verwendung in der Farbindustrie finden.

Bearbeitungsschritte nach der Aussaat
In steinigen Regionen wird direkt nach der Aussaat der Einsatz einer Walze empfohlen, um die vorhandenen Steine möglichst weit in den Boden zu drücken, sodass beim späteren Ernteprozess das Schneidwerk so tief wie möglich eingestellt werden kann und es zu
keinerlei Beschädigungen kommt. Ebenso wird der Arbeitsgang bei erhöhtem Erdklutenvorkommen empfohlen, um diese einzuebnen und zu zerkleinern.

Beikrautregulierung
Nachdem die Linse gesät ist, ist die Regulierung des Beikrauts nur bedingt möglich. Das Striegeln kann als Maßnahme im Anfangsstadium durchgeführt werden und hat gute Ergebnisse auf den Anbaubetrieben gezeigt, wobei darauf zu achten ist, dass der Striegel nur bis zu einer Wuchshöhe von maximal 8 – 10 cm der Linsen eingesetzt wird. Sind die Linsenpflanzen bereits größer, besteht die Gefahr, dass die Rankarme der Linsen abgerissen werden. Das Striegeln muss generell nicht immer einen Mehrwert bringen. Einige Versuchsbetriebe haben das Striegeln komplett ausgelassen und erlebten keine erheblichen Nachteile in Bezug auf den Beikrautdruck. Hierbei kommt es jedoch auch stark darauf an, ob das Frühjahr feucht oder eher trocken ist. Der Striegeleinsatz ist individuell von jedem Betrieb selbst zu bestimmen.
Auch der Einsatz der Hacke ist möglich. Diese wurde jedoch von keinem der Anbaubetriebe in Betracht gezogen. Generell sollte die Hacke eher bei einem Reihenabstand von mindestens 20 cm eingesetzt werden, da diese sonst die Linsenpflanzen zu stark beschädigt. Die Hacke ist in ihrer Arbeitsweise deutlich aggressiver als der Striegel.

Düngung
Die Linse besitzt als Leguminose die Fähigkeit, durch die Symbiose mit sogenannten Knöllchenbakterien Luftstickstoff (N2) zu fixieren und diesen in den Wurzeln einzulagern. Auf diesem Weg können enorme 200 bis 400 kg N/ha aus der Luft über den Boden pflanzenverfügbar werden. Damit benötigt die Linse für ihren Anbau keine externe Stickstoffzufuhr (N-Düngung) wie z. B. durch Stallmist oder andere Stickstofflieferanten. Zusätzlich kann die Leguminose einen weiteren positiven Beitrag zur Stickstoffversorgung in der Fruchtfolge leisten, da die Pflanzen nach der Ernte als Gründünger in den Boden untergepflügt werden und so etwa 35 bis 115 kg N/ha für die Folgefrucht hinterlassen können. Vor diesem Hintergrund ist die Linse äußerst ressourcen- sowie klimaschonend und stellt für die heimischen Landwirte eine große Chance dar. Generell kann der Einsatz von Komposttee zur Vitalisierung der Pflanzen einen positiven Effekt bewirken.

Ernte und Ertragspotenzial
Druschreif sind die Linsen, wenn die ersten Schoten platzen. Das Schneidwerk sollte möglichst flach eingestellt werden, da die Linsenpflanzen im Vergleich zu Getreide kleinwüchsig sind, und es muss sichergestellt werden, dass möglichst alle Schoten geerntet werden können. Aufgrund der niedrigen Schnitthöhe ist eine langsame Fahrweise des Mähdreschers zu berücksichtigen.
Das Linsen-Stützfrucht-Gemisch sollte nach der Ernte innerhalb von 20 Stunden auf eine Feuchte von weniger als 14 % getrocknet werden, damit das Erntegut nicht zu schimmeln beginnt. Da die Linse in Bezug auf die Wertschöpfung deutlich besser als Getreide zu bewerten ist, sollte diese in der Rangfolge der Trocknung Priorität haben.
In Abhängigkeit vom Standort und dem Anbaujahr können die Linsenerträge von 60 kg/ha (Verwitterung) bis 1200 kg/ha (Löss-Standorte) schwanken. Das Ertragspotenzial kann durch optimale Anbaubedingungen gesteigert werden.

Aufbereitung
Die Aufbereitung der Linse ist mehrstufig. Als erstes erfolgt die Trocknung, danach die mehrfache Siebreinigung. Anschließend geht das Gut über einen Tischausleser (hier beginnt die Feinreinigung), wodurch kleinere Steinchen herausgereinigt werden. Im letzten Schritt kommt der Farbausleser zum Einsatz. Insgesamt ist die Reinigung sehr aufwendig und kostenintensiv.

Den Leitfaden finden Sie hier zum PDF-Download.